Die letzten Schneereste verschwinden, die Tage werden wärmer und länger, es riecht nach Frühling! Und das nicht nur im Wald, auf Wanderwegen und Feldern, sondern auch auf Balkonen, in Hinterhöfen oder auf Dachflächen! Wenn die Landwirte mit ihren Eggen, Güllewagen und Traktoren zu den ersten Einsätzen starten, läuft in der Stadt das Urban Gardening an. Was in den 1970er Jahren in den USA mit den sogenannten Community Gardens seinen Anfang nahm, trendet mittlerweile auch bei uns immer mehr: das Gärtnern in der Stadt. Auf privaten oder öffentlichen Flächen.
Mein Hobby: Säen, gießen, jäten, ernten
In Zeiten von Nachhaltigkeit, Bio-Boom und bewusster Ernährung findet das Prinzip „Eigenanbau“ auch bei denen fruchtbaren Boden, die mit Saatgut und Setzlingen bisher noch nicht wirklich viel zu tun hatten. Und natürlich erst recht bei denen, die ohnehin schon einen intensiven Bezug zu Natur und Umwelt haben. Wer selbst ernten kann, der weiß, was er auf dem Teller hat. Frischer, gesünder und naturbelassener kann man nicht essen.
Außerdem ist der Eigenanbau von Lebensmitteln klima- und ressourcenschonend. Die Tomate aus dem Supermarkt hat oft eine Reise von mehreren hundert Kilometern hinter sich, bevor sie bei uns zur Nudelsoße wird. Ihre Schwester aus dem heimischen Hochbeet dagegen wandert direkt von der Staude in den Topf.
Für viele Stadtbewohner hat das Gärtnern aber auch einen hohen Erholungs- und Freizeitwert. Der Rückzug ins eigene Grün entschleunigt, entspannt und schafft eine willkommene Abwechslung zum Grau der Straßen und Häuserblocks.
Projekt „Kraut und Rüben“: Gemeinsames Gärtnern
Urban Gardening verbindet ländliches und städtisches Leben, bringt ein bisschen Natur zurück in den Alltag. Und funktioniert besonders gut im Team. Bei den sogenannten Community Gardens bewirtschaften mehrere Personen zusammen eine Gartenfläche. Das können die Mitglieder eines Vereins sein, die Bewohner eines Häuserblocks, Jugend- oder Schülergruppen. So werden aus Abstell- und Brachflächen, Innen- und Schulhöfen kleine, grüne Oasen, die Stadtbild und Stadtklima aufwerten, soziales Miteinander und Gemeinschaftssinn stärken.
Auf diesen Effekt setzen auch internationale Gartenprojekte: Hier stehen Menschen verschiedener Kulturen zusammen im Beet und bauen Pflanzen aus ihren jeweiligen Herkunftsländern an. Was geerntet wird, wird auch zusammen verarbeitet. Das Konzept funktioniert. Es fördert Integration, Verständigung und gegenseitigen Austausch, schafft ein interkulturelles Wir-Gefühl. Wer mitmacht, lernt viel Neues kennen und peppt automatisch seinen Speiseplan auf.
Wo ein Wille ist, ist auch ein Beet!
Aber es geht auch eine Nummer kleiner - in und um die eigenen vier Wände. Terrassen, Dachgärten und Balkone lassen sich beispielsweise für Pflanzkästen oder handliche Hochbeete nutzen. Öde Fassaden sind optimal geeignet für Pflanztürme, stapelbare Topfmodule oder Blumenampeln. Dieses Anpflanzen „von unten nach oben“ nennt sich vertical gardening. Und hat den Vorteil, dass man auch mit einer kleinen Grundfläche auskommt. Im Internet und in Gartencentern gibt es inzwischen clevere, pflegeleichte Gefäßsysteme in den unterschiedlichsten Varianten - ganz nach Bedarf und Nutzungszweck.
Apropos: Die Pflanzenauswahl für den Heimanbau ist erstaunlich groß. Von Gurken, Chili, Kohlrabi und Auberginen über Kartoffeln und Nüsse bis hin zu Säulenobst wie Äpfel, Birnen und Kirschen wächst eigentlich alles auch zuhause. Bei passendem Standort, der richtigen Ausstattung und Pflege können Sie sich über eine bunte, vielfältige Ernte freuen.
Wer draußen keine Möglichkeiten hat für Gemüse und Co., der kann problemlos nach innen ausweichen. Kräuter wie Thymian, Oregano und Rosmarin sind perfekte Indoor-Pflanzen und lassen sich genauso gut auf der Fensterbank ziehen wie diverse Gemüsesorten, zum Beispiel Kirschtomaten, Karotten, Rüben oder Zwiebeln. Auch Salatpflanzen wachsen prima auf der Fensterbank: Spinat oder Rucola Marke Eigenbau sind auf jeden Fall einen Versuch wert!
Frisches Grün für Minimalisten: Micro Greens und Micro Gardening
Besonders bequem, sauber, wohnungs- und anfängertauglich ist die Anzucht der sogenannten Micro Greens. Sie sind zwar noch relativ unbekannt, gelten aber schon als Geheimtipp bei den Superfoods. Man startet hier mit den Keimlingen verschiedener Gemüse- oder Kräutersorten (Fenchel, Kerbel, Rauke, Senf, Basilikum Amaranth, Dill, Bohnen, Radieschen), die schon als wenige Tage alte Pflänzchen geerntet und gegessen werden. Ihr hoher Anteil an Vital- und Mineralstoffen macht sie für eine gesunde Ernährung besonders wertvoll. Sie sind beispielsweise reich an den Vitaminen A, B, C, enthalten aber auch besonders viel Zink, Eisen oder Magnesium.
Besonders praktisch: Micro Greens brauchen nur wenig Platz und Pflege. Die Pflänzchen wachsen in handlichen Anzuchtschalen, können auch ohne Erde auskommen. Ein Beispiel sind die sogenannten Saatpads, spezielle Matten, in die das Saatgut bereits eingearbeitet ist. Einfacher und unkomplizierter geht es kaum. Selbst ohne den sprichwörtlichen grünen Daumen.
Bunt, lebendig, vielfältig: Pflanzen und Blüten für alle!
Urban Gardening muss aber nicht essbar sein. Oder nur im eigenen Zuhause stattfinden. In größeren Städten gibt es beispielsweise die Möglichkeit, öffentliche Grünstreifen oder sogenannte Baumscheiben - den Boden im Umkreis eines Baumstammes - zu pflegen oder zu bewirtschaften. Dafür eignen sich vor allem Wildblumen und andere insektenfreundliche Blühpflanzen wie Schafgarbe, Malven, Lavendel und Vergissmeinnicht. Mit ein paar Samen und einigen Gießkannenladungen entsteht so ohne großen Aufwand ein kleines Biotop, das mit jeder helfenden Hand weiterwächst.
Je mehr Einzelpersonen sich so engagieren, umso grüner und lebenswerter wird am Ende das urbane Miteinander. Wenn auch Sie mitgärtnern möchten: Unter www.urbane-gaerten.de haben sich verschiedene Gartenprojekte vernetzt. Hier finden Sie alles Wissenswerte zum Thema und den direkten Kontakt zu den Ansprechpartnern in Ihrer Nähe! Auch das Portal www.gonature.de informiert und zeigt, wo Sie sich vor Ort einbringen können.
04.05.2023