Smart Navigation
Menü

Liebe, Freundschaft, Familie – wie intensiv Hochsensible ihre Beziehungen erleben

Sie begegnen ihrem Umfeld mit besonders feinen Antennen, spüren innere und äußere Reize deutlich stärker als andere und leben in einer außergewöhnlich stark ausgeprägten Gefühls- und Gedankenwelt. All das beeinflusst nicht nur den Alltag von Hochsensiblen Personen – ihren Beruf, ihre Hobbies etc. – sondern auch ihre zwischenmenschlichen Beziehungen.

 

Die haben für Hochsensible im Allgemeinen einen besonders hohen Stellenwert, egal ob im freundschaftlichen und familiären Umfeld oder in Partnerschaften. Denn gerade emotionale Bindungen erleben sie besonders intensiv und tiefgehend. Davon haben sie meist eher wenige, die aber werden dafür mit viel Engagement gestaltet und gepflegt, halten dementsprechend auch oft sehr lange. Oberflächliche und kurzlebige Begegnungen, One-Night-Stands, lose Partybekanntschaften sind dagegen nicht ihr Ding. HSP suchen keine halbherzigen Kontakte, sondern bringen sich stark in Beziehungen ein, sind verlässliche, zugewandte, hilfsbereite, oft sogar aufopferungsvolle Freunde und Partner. Allerdings neigen sie auch dazu, sich selbst zu überfordern. Sie machen die Probleme der anderen zu ihren eigenen, können sich nur schwer abgrenzen. Die eigene mentale Gesundheit im Blick zu behalten, ist daher für Hochsensible besonders wichtig!

 

Die hohen Anforderungen, die sie dabei an sich selbst stellen, erwarten sie im Gegenzug aber auch von anderen. Den wenigen wichtigen Menschen um sich herum fühlen sie sich verpflichtet und wollen ihnen möglichst nahe sein. Das kann nach außen manchmal klammernd oder sogar besitzergreifend wirken. Deshalb ist es wichtig, dass sich Hochsensible mit Menschen umgeben, die ihre charakterlichen Dispositionen kennen und einschätzen können, von denen sie sich verstanden fühlen.

 

HSP + HSP: Automatisch auf gleicher Wellenlänge?

Tatsächlich können Freund- und Partnerschaften zwischen Hochsensiblen oft harmonisch, wertschätzend und für beide besonders erfüllend sein. Denn sie verfügen über viel Empathie und großes Einfühlungsvermögen. Kommunikation und damit der mentale und emotionale Austausch funktioniert in dieser Konstellation meistens sehr gut. Hochsensible erfahren gegenseitiges Verständnis, müssen ihr Verhalten nicht immer wieder aufs Neue erklären. Kompromisse braucht es nur selten, weil Hochsensible ihre Beziehungen oft ähnlich gestalten, ähnliche Wünsche und Vorlieben haben. Während andere beispielsweise gerne unter Menschen sind, viel unternehmen, sich regelmäßig verabreden, empfinden Hochsensible das als Stressfaktor, reagieren schnell überreizt und überfordert. Sie schätzen ihre privaten Ruheräume und Rückzugsorte, brauchen Zeit für sich, um ihre Akkus aufladen zu können und seelisch im Gleichgewicht zu bleiben. Da beide Seiten hier ähnlich empfinden, teilen sie diese Bedürfnisse und gestalten ihr Miteinander entsprechend. So fühlen sie sich angenommen, wertgeschätzt und entwickeln eine ehrliche, tiefe Verbundenheit.



Dass Hochsensible gerne für und unter sich sind, kann in einer freund- oder partnerschaftlichen Beziehung zwischen zwei HSP allerdings auch übermäßig verstärkt werden. Das kann dazu führen, dass sich Freunde oder Partner zu sehr auf diese eine Beziehung konzentrieren, sich aufeinander fixieren.  

 

Hinzu kommt, dass HSP auch in unterschiedlichen Bereichen hochsensibel sein und sich deshalb in der Ausprägung ihrer individuellen Bedürfnisse unterscheiden können:

  • Geringe sensorische Reizschwelle: Lautstärke, Licht, Wärme, Körpergefühl etc.
  • Erhöhtes Stressempfinden und reduzierte Belastbarkeit: z. B. bei Zeitdruck, ungewohnten Lebenssituationen, persönlichen Veränderungen
  • Ästhetisches Empfinden: Feingeister mit musischer Begabung, besonderes Erleben und Gestalten von Kunst, Musik und Natur, Ordentlichkeit

 

Ein weiterer möglicher Problemfaktor in Beziehungen zwischen Hochsensiblen: der stark ausgeprägte Wunsch nach Harmonie. Heikle Fragen und Themen werden aus Angst vor Konflikten vorsichtshalber nicht angesprochen, sodass sie unterschwellig weiter schwelen können. So entsteht zwar einerseits kein akuter Streit, aber andererseits auch keine sachliche, produktive und lösungsorientierte Aussprache.

 

Gegensätze ziehen sich an? HSP + Nicht-HSP

In dieser Konstellation profitieren Hochsensible davon, dass ihr Gegenüber anders tickt als sie selbst, im Alltag andere Stärken, Kompetenzen und Herangehensweisen zeigt. Beide Seiten können sich bereichern, ausgleichend, unterstützend und ergänzend aufeinander wirken. Das Lernen vom Wesen des anderen zeichnet diese Freund- oder Partnerschaften aus. Während der Hochsensible hier oft der ruhende Pol ist, kann sein Gegenüber neue Impulse setzen und Strukturen schaffen.

 

Problematisch können sich dagegen die unterschiedlichen Belastungsgrenzen und sozialen Bedürfnisse auf das Miteinander auswirken. Was für den einen zur normalen Freizeitgestaltung gehört, kann für den Hochsensiblen schon eine Überreizung bedeuten. Während der Hochsensible oft Ausgleich und Entspannung im privaten Rückzug findet, wünscht sich sein Gegenüber möglicherweise mehr Aktivitäten, Unternehmungen und Kontakte. Hier ist es wichtig, den mentalen Background des jeweils anderen zu akzeptieren, Kompromisse zu schließen und sich gegenseitig individuelle Freiräume einzuräumen, um Konflikte zu minimieren.

 

Denn gerade solche Situationen sind für Hochsensible besonders belastend: Sie neigen dazu, Schuld und Verantwortung ausschließlich bei sich zu sehen. Das führt zu hohem emotionalem Druck, Überforderung und nicht selten zu Minderwertigkeitsgefühlen.

 

Fazit: Hochsensible erleben alle Facetten einer zwischenmenschlichen Beziehung intensiver und prägender. Das gilt einerseits für Reibungspunkte und Konflikte, andererseits aber auch für den emotionalen Austausch, die positiven und bereichernden Einflüsse, die sie durch Beziehungen mit Nicht-Hochsensiblen erfahren können.

 

Topf ohne Deckel? Anspruchsvolle Beziehungssuche für Hochsensible

Passende Gefährten und Wegbegleiter zu finden, ist für Hochsensible oft eine besondere Herausforderung. Aufgrund ihrer charakterlichen Veranlagung sind sie in alltäglichen sozialen Kontakten eher zurückhaltend und zeigen weniger Eigeninitiative.

 

Gleichzeitig sind die Ansprüche an die Menschen, mit denen sie ihr Leben teilen möchten, hoch. Und sie brauchen allgemein länger, um ihre Zurückhaltung aufzugeben und sich für andere zu öffnen. Daher wirken sie manchmal unnahbar, teilweise sogar ablehnend. Wobei dieses Verhalten nicht selten auch auf Selbstschutz oder mangelnde soziale Routine zurückgeht.

 

Wenn sich Hochsensible aber tatsächlich auf ausgewählte Kontakte einlassen, dann oft mit extremem Interesse und intensiver Fokussierung. Das wiederum kann auf ihr Gegenüber überfordernd oder abschreckend wirken, vor allem, wenn es selbst nicht hochsensibel ist.

 

Auch hier ist es extrem wichtig, offen mit dem Thema Hochsensibilität umzugehen, um es anderen zu ermöglichen, das eigene Verhalten richtig einzuordnen. Denn Missverständnisse und ungewollte Zwischentöne können aufkeimende Beziehungen schnell im Keim ersticken. Ohne, dass die vielen besonderen, wertvollen, schätzens- und liebenswerten Wesenszüge eines Hochsensiblen überhaupt zu Tage treten können. 

 

Erschüttertes Vertrauen, gebrochene Herzen: Abweisungen und Trennungen

So intensiv und gefühlsstark Hochsensible ihre familiären Beziehungen, Freund- und Partnerschaften erleben, so intensiv und gefühlsstark gehen die oft auch zu Ende.

 

Unter negativen Erfahrungen wie Zurücksetzung, im Stich gelassen werden, Kontaktabbrüchen oder Trennungen leiden sie extrem, und deren Verarbeitung dauert deutlich länger. Da Enttäuschungen sie stärker prägen, reagieren HSP aufgrund der tiefen Verletzungen nicht selten mit Beziehungs- und Kontaktvermeidung.

 

Sich selbst aus belastenden oder einseitigen Beziehungen zu lösen, fällt vielen Hochsensiblen schwer, da sie sie mit Hingabe und Herzblut gelebt haben – manchmal bis zur Selbstaufgabe. Daher braucht es in vielen Fällen über längere Zeit einen hohen Leidensdruck, bis sie sich tatsächlich zu diesem finalen Schritt entschließen können. Auch in diesen Lebensphasen haben HSP oft lange mit dem Erlebten und den damit verbundenen Emotionen zu kämpfen.

 

Hochsensibel glücklich sein: Verhaltensreflexion für gesunde Beziehungen

Auf dem Weg zu innerfamiliärem Gleichgewicht, erfüllenden Freund- und Partnerschaften müssen Hochsensible sicherlich den einen oder anderen Stolperstein mehr überwinden als Nicht-Hochsensible. Dabei ist es unabdingbar, dass sie ihre Grenzen kennen und diese auch gegenüber ihren Mitmenschen kommunizieren. Nur so kann Verständnis entstehen, aus dem am Ende dauerhafte Kontakte und Beziehungen erwachsen.

 

Gleichzeitig sollten sie sich ihrer besonderen Stärken und charakterlichen Bereicherungen für Zwischenmenschliches bewusst sein. Denn das, was sie an Treue, Verlässlichkeit, Hilfsbereitschaft, Empathie, Engagement und Zuwendung mitbringen, ist für ihre Mitmenschen ein echter Glücksfall. Wichtig dabei: Achten Sie darauf, dass die Personen in Ihrem Umfeld das tatsächlich anerkennen und wertschätzen, nicht für sich ausnutzen. Dieser schmale Grat entscheidet am Ende darüber, ob Sie in Ihren Beziehungen hochsensibel glücklich leben können.

 

15.10.2024